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Biografie Jean Ziegler ist Sohn eines deutschsprachigen protestantischen Amtsrichters.
Während seines Studiums der Rechtswissenschaften trat er dem schweizerischen
Zofingerverein bei und galt als überzeugter Antikommunist. Nach
eigenen Aussagen wurde er durch einen zweijährigen Afrika-Aufenthalt
als UN-Experte unmittelbar nach der Ermordung des kongolesischen Staatschefs
Patrice Lumumba und das dort gesehene Elend zu einer radikalen Änderung
seiner Grundauffassungen bewegt.
Ziegler war persönlich befreundet mit Jean-Paul Sartre und Simone
de Beauvoir sowie mit Che Guevara, welchen er bei dessen Besuch in der
Schweiz begleitete.
Jean Ziegler war bis zu seiner Emeritierung im Mai 2002 Professor für
Soziologie an der Universität Genf sowie ständiger Gastprofessor
an der Sorbonne in Paris.
In seinen Sachbüchern kritisierte Ziegler die historische Rolle
der Schweiz mehrfach, unter anderem wegen ihres Verhaltens in der Zeit
des Nationalsozialismus. Er warf den politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen
jener Jahre vor, durch den Waren- und Kapitalverkehr mit Nazideutschland über
Geldwäsche und Handel mit Gold den Zweiten Weltkrieg verlängert
zu haben. Ebenso kritisierte er aber auch die Sowjetunion für ihren
Einmarsch in Afghanistan.
Ziegler ist heute unter anderem Mitglied der UN-Task-Force für
humanitäre Hilfe im Irak.
Originalbrief
persoenlich.
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Lieber Herr Moegle-Stadel,
Danke fuer Ihren freundlichen Brief. (...) Hier der einzige Text
ueber Dag Hammarskjoeld, den ich habe.
In grauer Vorzeit war ich der Assistent von Brian Urquhart in Katanga. Urquhart
war mit Ralph Bunche der wohl engste Freund von Ham-marskjoeld. Hammarskjoeld
habe ich in New York reden hoeren, dann im Kongo (mit Urquhart) mehrmals getroffen.
Fuer Ihre wichtige Arbeit wuensche ich Ihnen alles erdenklich Gute.
Herzliche Gruesse,
Jean Ziegler |
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Jean Ziegler über
Dag Hammarskjöld
Zu Beginn des Jahres 1962 zeichnete sich in New York eine radikale
politische Wende ab. In zwei stürmisch verlaufenden Sitzungen
beschloß die General-versammlung, die Sezession der Provinz
Katanga gewaltsam zu beenden.
Grund für diese Kehrtwendung war das tragische Verschwinden
von Dag Hammarskjöld.
Der ehemalige Gouverneur der schwedischen
Zentralbank und spätere Botschafter seines Landes bei der
UNO war am 31. März 1953 zum Generalsekretär gewählt
worden. Zu diesem Zeitpunkt war er 48 Jahre alt. Nach dem unberechenbaren
Trigve Lie, einem norwegischen Gewerkschafter von cholerischem
Temperament und exzentrischen Neigungen, der zudem gern einen über
den Durst trank, wünschten sich Amerikaner und Russen einen
farblosen und gefügigen Generalsekretär.
Der blasse schwedische Intellektuelle -ein zurückgezogen
lebender Junggeselle - schien genau der Richtige zu sein. Sie sollten
sich täuschen! Innerhalb seiner zehnjährigen, unvollendeten
Amtszeit erwies sich Hammarskjöld als ein völlig unabhängiger,
eigenwilliger und talentierter Generalsekretär.
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Hammarskjöld verabscheute die Staatsräson,
den Zynismus der Großmächte. Er war durchdrungen von
einem unbestechlichen sittlichen Bewußtsein. Die gleichen
geistigen und charakterlichen Vorzüge fand ich Jahre später
bei Olof Palme, Pierre Schouri und Bernt Carlsson, meinen schwedischen
Genossen im Exekutivausschuß der
Sozialistischen Internationale. (Hammarskjöld - Sohn eines
reaktionären schwedischen Ministerpräsidenten - war ein überzeugter
Konservativer, Übersetzer von Martin Buber und Bewunderer
von Paul Claudel.)
Für die wenigen Kongolesen, die mit Hammarskjöld in Kontakt kamen,
war er der Mundele mia Nzambi (der von Gott gesandte Weiße). Für
mich bleibt er einer der wenigen echten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts.
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