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In seinem 1935 veröffentlichten Werk »Die Weltanschauung
der indischen Denker. Mystik und Ethik« schreibt ein nach Afrika
ausgewanderter Elsässer, auf der Suche nach einer Menschheitsethik, über
die europäische und die indische Philosophie: »Beide sind
Hüterinnen wertvollen Gedankenguts. Aber beide müssen nach
einer ?planetarischen? Denkweise trachten, die sich über all die
Unterschiede der geschichtlichen Vergangenheit hinwegsetzt und schließlich
von der ganzen Menschheit geteilt wird.« Präsidentschaftskandidat
Senator Adlai Stevenson, ein Freund von John Steinbeck und guter Bekannter
Dag Hammarskjölds, kennzeichnet den Elsässer richtig als er
1952 in Evanston (Illinois) seine Rede zu dessen Geburtstagsfeier mit »Schweitzer
als Weltbürger« übertitelt.
Ü ber Albert Schweitzer, geboren 1875 im elsässischen Kaysersberg,
muss man nicht viel schreiben. Er gehört glücklicherweise zu den Unvergessenen
des 20. Jahrhunderts. In seelischer Adelsverwandschaft mit Dag Hammarskjöld
verzichtete auch er auf die Nennung seiner (vier) Doktortitel. Während Dag
Hammarskjölds Literatur-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften studierte,
promovierte Albert Schweitzer in Philosophie, Theologie, Musik und zuletzt in
Medizin.
Ihre gemeinsame Liebe gehörte Afrika und seinen Menschen. Im Geburtsjahr
von Dag Hammarskjöld, 1905, realisierte der 30-jährige Albert Schweitzer
sein inneres Berufungserlebnis. Er gab alle seine Ämter auf und ging nach
dem Abschluss seines Medizinstudiums 1913 als Arzt nach Gabun an die Westküste
Afrikas. Dort gründete er in Nachbarschaft zum Kongogebiet sein Urwaldhospital
in Lambarene.
Schon der junge Dag Hammarskjöld, Schulfreund des jüngsten Sohnes von
Erzbischof Nathan Söderblom, hatte mehrfach Gelegenheit Schweitzer in Uppsala
zu hören. Dieser war mit dem Erzbischof befreundet und gab mehr als nur
ein Orgelkonzert in der alten Domkirche: er gastierte dort u.a. für zwei
Monate, um die Domorgel zu restaurieren und zu reinigen. Aber Schweitzer war
nicht nur als Orgelsolist tätig, sondern hielt später auch Vorlesungen
an der Universität Uppsala. Im April 1920, Dag Hammarskjöld war als
Oberstufenschüler seinen Klassenkameraden um Jahre voraus, sprach Albert
Schweitzer in Uppsala über »Die ethischen Grundlagen der Kultur«.
Wer hätte damals gedacht, dass der jüngste Zuhörer später
einmal als Generalsekretär einer Organisation namens Vereinte Nationen federführend
den Prozess der Entkolonialisation Afrikas vorantreiben würde?
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